Stress kann man nicht messen – oder? Schon richtig, denn was man messen kann, sind höchstens Gehirnströme oder körperliche Veränderungen. Die sagen aber weder etwas über den subjektiv empfundenen Stress aus, noch können Sie anhand von Messungen erkennen, ob Sie Ihren Stress reduzieren konnten.
Beides können Sie mit der Zehn-Punkte-Skala erreichen – einem vielseitigen Hilfsmittel, das nichts kostet und das jeder jederzeit bei sich trägt, nämlich im Kopf.
Ihre persönliche Stressskala
Die Zehn-Punkte-Skala lässt sich leicht und ohne Vorkenntnisse einsetzen. Es besteht, wie der Name schon sagt, aus einer Skala von Null bis Zehn, wobei die Null für totale Entspannung und innere Ruhe steht und die Zehn für einen Zustand von Panik und Todesangst.
Indem Sie mehrmals am Tag in sich hineinspüren und Ihr aktuelles Stresslevel bestimmen, entsteht eine „Stresskurve“, die zeigt, wann Sie im Tagesverlauf am gestresstesten und wann Sie am entspanntesten waren und auf welchem Stresslevel Sie sich dazwischen befanden.
Diese Technik beruht auf einem Hilfsmittel aus der Schmerztherapie, der „Visuellen Analog-Skala“ (VAS). Da auch die subjektiv empfundene Schmerzintensität nicht messbar ist, haben Ärzte dieses Hilfsmittel entwickelt, um die Schmerzdiagnostik zu verbessern und Behandlungsfortschritte dokumentieren zu können.
Der Einsatz der VAS zur Stressmessung ist noch verhältnismäßig neu, doch erste Studien belegen, dass sie wirkungsvoll im Rahmen eines individuellen Stressmanagements eingesetzt werden kann.
Wie man mit der Zehn-Punkte-Skala arbeitet
Fragen Sie sich morgens beim Aufstehen, ob Sie gestresst oder entspannt sind. Sind Sie total gelassen, geben Sie sich eine Null. Sind Sie schon gereizt oder gestresst, weil Sie eine unruhige Nacht hatten oder Ihnen vor dem Arbeitstag graut, geben Sie sich den Wert, der Ihnen passend erscheint – vielleicht eine Drei (leichte Nervosität) oder eine Fünf (spürbarer Stress). Sind Sie in heller Panik, weil Sie verschlafen haben, könnte eine Sieben passen. Notieren Sie sich die Uhrzeit und den Wert.
Ihren aktuellen Stresslevel legen Sie mehrmals am Tag fest. Es ist nicht nötig, dass Sie das in exakten Abständen wiederholen, aber Ihr entspanntester und Ihr gestresstester Moment des Tages sollten dabei sein.
Am Ende des Tages tragen Sie Ihre Notizen in ein Arbeitsblatt ein – dies kann z.B. eine Excel-Tabelle sein, so dass Sie aus den Werten hinterher ein Diagramm erstellen können.
Ihre persönliche Stresskurve für diesen Tag könnte dann beispielsweise so aussehen:
Führen Sie diese Notizen über einige Zeit fort, können Sie ein ausgezeichnetes Bild darüber erhalten, wann Sie hauptsächlich gestresst sind und wann nicht, wo Ihre Stressmaxima und Ihre entspanntesten Phasen liegen. So entsteht mit der Zeit ein Stresstagebuch, aus dem Sie wichtige Aufschlüsse über Ihre Stressursachen gewinnen können.
Nun könnte man einwenden, dass man auch ohne Stresskurven einigermaßen Auskunft darüber geben könnte, wann man gestresst ist und wann nicht. Aber die Zehn-Punkte-Skala kann noch mehr:
Stressreduzierung sichtbar machen mit der Zehn-Punkte-Skala
Hat Ihre tägliche Stresskurve mehr oder weniger immer das gleiche Aussehen, können Sie sich daran machen, die jeweiligen Stressspitzen zu reduzieren.
Überlegen Sie, woran es liegt, dass Ihr Stress solche Höhenflüge macht, und versuchen Sie etwas zu verändern, um Ihrer Stresskurve einen flacheren Verlauf zu geben.
Dazu gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten – kurze Entspannungsübungen, Suggestionen, Bürogymnastik, Delegieren von Arbeiten – davon wird in anderen Artikeln die Rede sein. Setzen Sie diese Maßnahmen jeden Tag ein und beobachten Sie, wie sich Ihre Stresskurve entwickelt.
Sollte sie nach einiger Zeit so aussehen, haben Sie bereits eine Menge erreicht:
So können Sie den Erfolg Ihrer Maßnahmen jederzeit kontrollieren. Das hilft, sich Fortschritte bewusst zu machen und sich für weiteres Stressmanagement zu motivieren.
Es gibt noch viele andere Methoden, sein Stresslevel zu ermitteln, doch die Zehn-Punkte-Skala ist eines der unkompliziertesten Werkzeuge für ein eigenes Stressmanagement.
Richtig angewendet, kann sie Sie in die Lage versetzen, mit einfachen Mitteln und ohne großen zeitlichen Aufwand wirkungsvolle Maßnahmen gegen Stress zu treffen.